Rafael Häusler

Irgendwann kommt er wieder. Die erste versprenge Attacke ereilte mich im noch im August 2005, und seit dem 16. September gab es vorerst keinen einzigen schmerzfreien Tag mehr. Bis zum 12. Oktober summieren sich an 27 Tagen insgesamt 67 Attacken, welche 37 mal die Injektion von Imigran erforderten. Die restlichen Attacken wurden mit der Inhalation von Sauerstoff kupiert. Dabei habe ich sechs oder sieben 10l Flaschen weg-geatmet. Rein statistisch sind das 2.48 Attacken und 1.37 Imigran-Injektionen pro Tag. 37 Injektionen bedeuten netto immer noch rund 10 Stunden reine Schmerz-Zeit. 30 mal an der Sauerstoffflasche sind netto noch mal rund 15 Stunden reines Durchhalten. Restschmerz und Nebenwirkungen nicht eingerechnet. Arbeitsfähig kann man das nicht nennen. Wirkliche Lebensqualität kommt auch nur stundenweise auf.

 

Immerhin bewirken die Medikamente, dass ich nicht zur Gefahr für mich selber und andere werde.

 

Soweit der nüchterne Stand mitten in der Episode. Am Ende waren es dann 50 Imigran-Injektionen und noch einige Sauerstoffflaschen mehr. Das ergibt trotz Medikamenten eine Netto-Schmerzzeit von mindestens 36 Stunden, also anderthalb komplette Tage, auf einem Niveau, das einen seine Umwelt nicht mehr wirklich wahrnehmen lässt.

 

Wie lebt es sich damit? Die Schmerzattacken sind das eine, dazu kommt der Restschmerz, spätestens nach einer Woche addieren sich massive Schlafstörungen dazu. Ab der zweiten oder dritten Woche ergänzt durch Wortfindungsstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten. Ungeschickterweise halten sich die Schmerzattacken an keinerlei Zeitplan mehr und vereiteln so auch jegliche soziale Kontakte. Da es einen jederzeit und überall erwischen kann, bleibt man lieber gleich daheim. Die immer weniger werdenden wachen Momente werden eh mit Arztbesuchen und dem Beschaffen von Medikamenten ausgefüllt. Wer erledigt eigentlich die grundlegenden Hausarbeiten? Saugt Staub, macht die Wäsche und kauft ein paar Lebensmittel ein? Niemand, wie ich irgendwann mit Erschrecken feststelle. Knapp zwei Monate kann man so auch alleine irgendwie durchstehen. Was passiert, wenn die Episode irgendwann einmal drei Monate dauern sollte?

 

Rafael Häusler