Therapiemöglichkeiten

Prophylaxe und Akutmedikationen

Clusterkopfschmerz ist eine sehr ernste und schwerwiegende Erkrankung, bei der weder eine Selbstdiagnose, noch eine Selbstbehandlung mit irgendwelchen Hausmitteln, oder auch mit angeblichen Wundermitteln, irgendeinen Sinn macht, sondern ganz im Gegenteil sehr gefährlich sein kann. Es ist daher das Wichtigste für einen Clusterkopfschmerz-Patienten, einen guten, in der Kopfschmerzbehandlung erfahrenen Neurologen - oder besser noch: eines der Clusterkopfschmerz-Competence-Center [CCC]) aufzusuchen und mit ihm gemeinsam eine Therapie zu besprechen.

 

Zur Kupierung der Attacken kann in erster Linie reiner Sauerstoff eingesetzt werden. Bei über 80% der Betroffenen wirkt Sauerstoff sehr rasch und zuverlässig.

 

Ebenfalls zur Attackenkupierung können Triptane verwendet werden. Beim Einsatz von Triptanen sollte aber eine solche Darreichungsform gewählt werden, die einen schnellen Wirkungseintritt sicherstellt. Dies sind in erster Linie Spritzen bzw. Injektoren und in zweiter Linie Nasalsprays. Suppositorien („Zäpfchen“) und Tabletten zeigen einen recht langsamen Wirkungseintritt, so dass es geschehen kann, dass bei beginnender Wirkung die Attacke bereits vorüber ist. Bedingt geeignet sind Schmelztabletten, die sich unter der Zunge sehr schnell auflösen.

 

Die Prophylaxe bei Clusterkopfschmerz ist zunächst davon abhängig, ob episodischer oder chronischer Clusterkopfschmerz vorliegt. Beim episodischen Clusterkopfschmerz kommen sehr häufig sogenannte Calciumantagonisten zum Einsatz, beim chronischen Clusterkopfschmerz wird eher Lithium verwendet.

 

Beim episodischem Cluster sollte Verapamil und Lithium vier Wochen nach der letzten Attacke ausgeschlichen bzw. abgesetzt werden, damit diese Medikamente bei der nächsten Episode wieder wirkungsvoll eingesetzt werden können.

 

Abhängig vom individuellem Krankheitsverlauf können auch Medikamente wie Valproinsäure oder Cortison verordnet werden.


Vorbeugung (Prophylaxe)

Verapamil:

Verapamil ist ein sogenannter Calciumantagonist. Diese, ursprünglich als Herzmittel entwickelten, Medikamente werden vorwiegend bei episodischem Clusterkopfschmerz als Mittel der ersten Wahl zur Prophylaxe eingesetzt, also nicht zur Attackenbekämpfung.

 

Die Verträglichkeit der Calciumantagonisten, auch in der Langzeitanwendung, ist in aller Regel sehr gut.

 

Häufig wird die Therapie mit zunächst dreimal 80 mg/Tag begonnen, in Abhängigkeit vom Therapieerfolg können bis zu 1200 mg/Tag eingesetzt werden. Beim beabsichtigten Einsatz solch hoher Dosen ist es indessen ausdrücklich angeraten vorher eine vollständige kardiologische Untersuchung durchführen zu lassen.

 

Da für die Behandlung kardiologischer Erkrankungen eine Maximaldosis von 240 mg/Tag vorgesehen ist, dies aber beim Clusterkopfschmerz die Einstiegsdosis darstellt, sollte dem untersuchenden Kardiologen klar gemacht werden, dass diese erhöhte Dosis erforderlich ist. Dazu bietet die CSG-Geschäftsstelle Informationen an, die dem Kardiologen vorgelegt werden können.

 

Bei etwa zwei Dritteln der Patienten wird eine Verbesserung des Clusterkopfschmerz um 75% beobachtet. Es kann also oftmals kein völliges Sistieren der aktiven Clusterepisode erreicht werden, sondern lediglich eine ausgeprägte Verbesserung.

 

Es kann vorkommen, dass Verapamil in einer aktiven Clusterepisode nicht wirksam ist, obwohl es in der vorangegangenen Episode noch wirksam war. Dennoch ist es möglich, dass Verapamil nach einer gewissen Pause wiederum Wirksamkeit zeigt.

 

Da Verapamil langsam aufdosiert werden muss und erst nach zwei bis vier Wochen Wirkung zeigt, kann eine Übergangsbehandlung mit Kortison in einer absteigenden Dosierung, bei etwa 100 mg/Tag beginnend, angezeigt sein. Besprechen Sie das mit Ihrem behandelnden Arzt.

 

Zusätzlich ist ein Magenschutz zu empfehlen.

 

Lithium:

"Lithium ist ein einwertiges Alkalimetall, das in der Natur in Form seiner Salze vorkommt. Bevorzugt ist hierbei das Lithiumcarbonat im Handel, man findet aber auch die Sulfate und Aspartate. Lithiumsalze werden bereits seit langer Zeit zur Behandlung und Prophylaxe von Depressionen und manisch depressiven Psychosen eingesetzt.

 

Lithium kann bei episodischem Clusterkopfschmerz eingesetzt werden, wirkt sich insbesondere bei chronischen Clusterkopfschmerz-Patienten positiv aus. Da die Gefahr der Intoxikation besteht, muss der Blutserumspiegel regelmäßig überwacht werden, wobei der Serumspiegel 1,2 mmol/l nicht übersteigen soll, in der Regel soll ein Serumspiegel von 0,7 - 1,0 mmol/l eingehalten werden.

Bei zu hoher Konzentration treten Nebenwirkungen wie feinschlägiger Tremor, Übelkeit, Völlegefühl, Muskelschwäche, Durstgefühl, Polyurie und Müdigkeit auf. Bei Langzeitbehandlungen kann eine Vergrößerung der Schilddrüse vorkommen.

Kochsalzarme Ernährung, oder gar Diäten sind zu vermeiden, da dies den Lithiumspiegel im Blut erhöht. Ebenfalls sind unter der Lithiumtherapie nichtsteroidale Entzündungshemmer vom Diclofenac-Typ zu vermeiden, da diese den Lithiumspiegel erhöhen.

Warnsymptome einer Lithiumvergiftung sind verstärkter Tremor, Koordinationsstörungen, undeutliche Sprache, Übelkeit, Oligourie und Diarrhö. Möglicherweise ist Lithium teratogen."

 

Ganz wichtig ist eine regelmäßige, engmaschige Kontrolle des Blutserum-Spiegels, um eine effektive Dosis im Rahmen des empfohlenen Wirkstoff-Pegels zu erzielen.

 

Auch eine Kontrolle der Schilddrüse kann angezeigt sein.


Behandlung der Attacke (Akuttherapie)

Sauerstoff:

Der entzündete Bereich im Sinus cavernosus und der Arteria carotis weist eine Gefäßerweiterung (Vasodilatation) auf. Die Arteria carotis ist von einem sehr druckempfindlichen Nervengewebe, dem Plexus caroticus umgeben. Weitet sich nun die Arterie, so wird sie an die knöcherne Wand des Felsenbeins gedrückt und eine Reizung auf den Plexus caroticus ausgeübt.
 
Sauerstoff verengt die Gefäße, wirkt also vasokonstriktiv und die erweiterten Gefäße werden wieder zusammengezogen, wobei der Druck auf den schmerzempfindlichen Plexus caroticus nachlässt.
 
Sauerstoff hat beim erwachsenen Menschen keine Nebenwirkungen, sofern nicht über mehrere Stunden inhaliert wird. Man sollte daher darauf achten, nicht unter der Sauerstoffinhalation einzuschlafen.
 
Die sehr häufig anzutreffende Aussage, wonach Sauerstoff bei der Attackenkupierung nur im Sitzen oder Stehen wirkt, während Sauerstoff im Liegen nur wenig oder gar nicht wirkt, lässt sich leicht erklären:
 
Während der Attacke kommt es zu einer Erweiterung der Blutgefäße im Bereich des Sinus cavernosus. Die Gefäße in diesem Bereich sind durch den Schädelknochen, insbesondere das Felsenbein (Pars petrosus) sehr eng umgrenzt, so dass sich die Gefäße nicht beliebig ausdehnen können. Weil der Weg nach außen durch die Knochen versperrt wird, kommt es letztlich zu einer Verengung der venösen und arteriellen Passagen. Es kommt dann zu einem Anstauen des Blutes im betroffenen Bereich. Der Abfluss insbesondere des venösen Blutes aus dem Sinus cavernosus ist im Stehen sehr viel stärker als im Liegen gegeben. Das Einnehmen einer aufrechten Haltung unterstützt demnach den Abfluss des venösen Blutes aus dem Sinus cavernosus und erleichtert so den Prozess der Vasokonstriktion"
 
Dennoch sind einige wenige Fälle bekannt geworden, in denen der Sauerstoff ausschließlich im Liegen wirkt. Sollte in einem spezifischen Fall die Sauerstoffanwendung nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, bietet sich ein Ausprobieren der Inhalation im Liegen an.

 

Triptane:

"Triptane gehören nach ihrer pharmakologischen Wirkung zur Klasse der Serotonin-Agonisten. Serotonin ist ein körpereigener Botenstoff, der aus der Aminosäure Tryptophan gebildet und der auch als 5-HT (5-Hydroxytriptamin) bezeichnet wird. Diese Medikamente binden sehr selektiv an die 5-HT1B und 5-HT1D-Rezeptoren, wodurch eine Verengung der durch die Entzündung erweiterten Blutgefäße erreicht wird.


Die Triptane sind ursprünglich für den Einsatz bei der schweren Migräne-Attacke entwickelt worden und nicht für Clusterkopfschmerz. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der Tatsache wider, dass in Deutschland ausschließlich Sumatriptan (Handelsname Imigran®) zur Behandlung des Custerkopfschmerzes zugelassen ist" – AscoTop® (Zolmitriptan) ist als "nasal" auch zugelassen. Dennoch wirken die Triptane auch bei Clusterkopfschmerz.
 
Die unten angeführte Tabelle gibt einen Überblick über die derzeit auf dem Markt befindlichen Triptane und ihre Darreichungsformen.

 

Wirkstoff

Handelsname

Hersteller

mg/Tabl.

mg/lingual

mg/nasal

mg/inject

Almotriptan

Almogran

Bayer

12,5

     

Eletriptan

Relpax

Pfizer

10,0

     

Frovatriptan

Allegro

Berlin-Chemie

2,5

     

Naratriptan

Naramig

Glaxo

2,5

     

Rizatriptan

Maxalt

MSD

5,0
10,0

5,0
10,0

   

Sumatriptan

Imigran

Glaxo

50
100

 

10,0
20,0

s.c. 6,0
pen 6,0

Zolmitriptan

AscoTop

Zeneca

2,5
5,0

2,5

5,0

 

 

Legende: lingual: Schmelztabletten, nasal: Nasenspray; inject.: injizierbar; s.c.: Spritze zur subcutanen Injeckion, pen: Glaxo-Pen

 

Unwirksame Therapieansätze

Übliche Analgetika, seien es Opioid- oder Nichtopioid-Analgetika, sind in der Therapie der akuten Clusterattacke wirkungslos. Da Clusterattacken nach dreißig bis sechzig Minuten spontan abklingen können, wird von vielen Patienten irrtümlicherweise angenommen, dass dieses Abklingen durch die Applikation eines Analgetikums erzielt wird. Die Folge ist, dass über Jahre oder Jahrzehnte unnötigerweise ineffektive und nebenwirkungsträchtige Medikamente eingenommen werden. Ohne Wirksamkeit sind auch Carbamazepin, Phenytoin, Betablocker, Antidepressiva, MAO-Hemmer, Histaminantagonisten, Biofeedback, Akupunktur, Neuraltherapie, Lokalanästhetika, physikalische Therapie, operative Maßnahmen und jegliche Form der Psychotherapie.

 

Hinweis: Zwischenzeitlich sind die Medikamente auch von anderen Herstellern als Generika erhältlich.


Man kann die Triptane nach 1., 2. und 3. Generation unterscheiden. Das erste Triptan, Sumatriptan kam 1993 auf den deutschen Markt. In der Folge versuchte man die Wirkung zu verbessern und die Nebenwirkungen zu verringern. So wurden 1997 Zolmitriptan und Naratriptan zugelassen und 1998 Rizatriptan. Weiter wurde versucht, dass die Medikamente die Blut-Hirn-Schranke passieren können, was zur Entwicklung und Einführung von Almotriptan im Jahr 2001, sowie Eletriptan und Frovatriptan im Jahr 2002 geführt hat.

 

Erneut der Hinweis:

Wir sind keine Ärzte! Alle Angaben beruhen lediglich auf eigener und der von anderen Clusterkopfschmerz-Patienten gemachten Erfahrung. Bei jeder Behandlung sollten Sie immer zuerst einen Arzt zu Rate ziehen.

 

Wer selbst in die Situation kommt, keinen Ausweg mehr zu sehen, sollte sich hilfesuchend an entsprechende Hilfsangebote wenden; z.B. Die Telefonseelsorge unter Tel.: 0800 1110111 (kostenlos). Angehörige, die den konkreten Verdacht haben, ihr Partner könnte sich etwas antun, sollten den Rettungsdienst unter Tel. 112 zu Hilfe rufen.

 

Alle in der CSG e.V. tätigen Mitglieder arbeiten für die CSG e.V. ehrenamtlich, also freiwillig, gemeinwohlorientiert und unentgeltlich. Alle Beteiligten verzichten auf die Ehrenamtspauschale. Dieses Ehrenamt in der Selbsthilfe ist etwas Besonderes, da es einen Fall von gegenseitiger Hilfe darstellt und somit in die schwierige Definition von "wer hilft wem?", "was ist Freundschaft?“, „was ist Ehrenamt?", hinein reicht. Wir hoffen jedoch, dass wir mit unserem gesamten Wissen und unseren eigenen Erfahrungen jedem Einzelnen in der Selbsthilfe weiterhelfen können.

Alle Angaben orientieren sich an der aktuellen Therapieleitlinie der DGN